Schweigen im Verkaufsgespräch, als Strategie?
„Was kostet das Produkt denn jetzt?“, fragt der Kunde. „€ 12.640,00“, antwortet der Verkäufer und schweigt. Der Kunde schweigt auch. Und überlegt. Ein langer Moment der Stille.
Auch ohne hellseherische Fähigkeiten kann ich jetzt vorhersagen, wie dieses Verkaufsgespräch verlaufen wird: Vor- und Einwände… „Ich überlege es mir noch…“, „Ich melde mich morgen bei Ihnen…“, „Ich will noch Vergleichsangebote prüfen…“ und so weiter. Warum weiß ich das? Weil der Verkäufer mehrere Fehler gemacht hat. Der größte Fehler ist sein Schweigen nach der Preisnennung.
Wie kommt es zu dieser Geschichte hier? In einem aktuellen Kundenprojekt ist genau dieses Thema auf den Tisch gekommen: Preis nennen und schweigen. „So haben wir das gelernt!“ Ja, denke ich, so ist das, wenn man bisher mit einem Trainer aus der Kreisklasse trainiert hat und gleichzeitig im eigenen Markt Champions League spielen will. Doch ich verkneife mir die Bemerkung.
Mein Appell an Sie als Leser: Hinterfragen Sie solche Tipps. Übernehmen Sie solche Taktiken für Ihr Verkaufsgespräch nur dann, wenn es für Sie logisch und nachvollziehbar klingt! Seien Sie kritisch! Es sind Ihre Kunden, Verkaufsgespräche und Umsätze! Sie können später nicht sagen: „Das, was der mir da beigebracht hat, das funktioniert nicht! Deshalb konnte ich keine Umsätze machen!“ Sie sind immer selbst verantwortlich.
„So haben wir das gelernt!“ – „Warum?“ frage ich.
„Weil man auch mal als Verkäufer im Verkaufsgespräch den Mund halten muss.“ Ja, stimmt. Aber doch nicht an dieser Stelle! „Weil unser Produkt gut und unser geforderter Preis angemessen ist. Wir müssen hinter unserem Preis stehen. Wir müssen stolz sein, wenn wir die Summe nennen.“ Ja, auch richtig. Und doch kommt es auf die Verpackung an: Wenn eine Frau zum ersten Date erscheint, dann hat sie sich auch besonders gut gekleidet und endlose Zeit mit Kosmetik verbracht! Die kommt auch nicht und denkt sich: „Ich bin eine gute Partnerin. Wenn er das nicht erkennt, dann hat er eben Pech gehabt.“ Nein, sie verpackt alles sehr schön! Männer können nun mal besser sehen als denken, behaupten viele Frauen. Und Kunden brauchen eine schöne Verpackung für den Preis, den Sie fordern. So ist das.
Was bedeutet das jetzt für die Praxis?
Erstens: Bitte schweigen Sie im Verkaufsgespräch immer nur dann, wenn Sie als Verkäufer eine Frage gestellt haben: Bedarfsermittlung, Abschlussfrage, Empfehlungsfrage, Meinungsfrage, Bedingungsfrage… Nur dann! Warten Sie die Antwort des Kunden geduldig ab! Es gibt nur zwei Ausnahmen: Am Ende der Argumentation in der „Geistigen Brandstiftung®“ und nach dem Einsatz der „Selbstbezichtigenden Methode“ in der Einwandbehandlung. Auch dann wird geschwiegen!
Bei der Empfehlungsfrage sage ich immer: „Eine Empfehlung wird zerredet oder erschwiegen!“ Diese Philosophie gilt auch für viele andere Situationen im Verkaufsgespräch!
Fazit: Ja, Verkäufer sollen und müssen auch mal den Mund halten und schweigen. Aber bitte an der richtigen Stelle!
Zweitens: Wenn Sie auf die Kundenfrage nach dem Preis nur eine „nackte“ Zahl nennen, dann erlebt diese Zahl im Kopf Ihres Gesprächspartners eine Verwandlung, wie Sie es immer wieder in diesen Superhelden-Kinofilmen sehen: Der böse Gegner verwandelt sich in eine riesige Bestie. Der Preis wird zur Bestie im Kopf Ihres Kunden! Das Gegenmittel: Verpacken Sie den Preis. Die Struktur der Verpackung: Nennen Sie zuerst zwei Vorteile für den Kunden, dann kommt der Preis, gefolgt von zwei weiteren Vorteilen und einer Abschlussfrage. Dann dürfen Sie gern schweigen.
Ein Beispiel: „Was kostet das Produkt?“ = „Sie sparen eine Menge Zeit, weil Sie… Und haben gleichzeitig auch noch den Vorteil, dass Sie den Platz noch besser nutzen können, weil… Und investieren € 12.640,00 für dieses Gerät. Wobei Sie natürlich eine maximale Sicherheit haben, weil… Und dabei auch noch viel Geld sparen durch… Reicht Ihnen denn die Lieferung nach den Ferien oder soll ich schauen, ob wir das noch in diesem Monat hinbekommen können?“ Schweigen.
Die Struktur:
- Vorteil 1
- Verbindungselement „gleichzeitig auch noch“
- Vorteil 2
- Positive und wertschätzende Handlungsverpackung „investieren“
- Preis
- Vorteil 3
- Verbindungselement „dabei auch noch“
- Vorteil 4
- Abschlussfrage als Alternativfrage
Jetzt haben Sie den Preis hübsch gemacht und in Watte gepackt. Jetzt hat er im Kopf Ihres Kunden eine komplett andere Wirkung. Sie stellen die eine Zahl, also Ihren Preis, in das Verhältnis zu vier genialen Vorteilen! Das fühlt sich für den Kunden ganz anders an! Das meine ich mit Champions League.
Ach ja, die Frage nach dem Preis ist ein umstrittenes Kaufbereitschaftssignal: Umstritten, weil es nur dann eindeutig ist, wenn es am Ende des Verkaufsgespräches kommt. Kommt es zu Beginn des Gesprächs kann dies ein Kaufsignal sein. Es kann aber auch eine reine Informationsfrage sein.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viele „Tore“ bzw. Abschlüsse in der „Champions League“ – in Ihrem Markt!
Ihr Dirk Kreuter
PS: Für die Verkäufer in unserem Trainingsprojekt ist es viel schwerer, eine einmal in „Fleisch und Blut“ übergegangene Vorgehens- und Argumentationsweise wieder zu „entlernen“, als für die Verkäufer, die in den letzten Wochen neu in das Team gekommen sind und „meine“ Philosophie ohne „Vorkenntnisse“ direkt lernen.